Montag, 30. März 2020

65. Geduld lernen

Das ist echt eine Übung hier.
Eine Geduldsübung.

Wir sitzen unsere Zeit bis zum Flug im Hotelzimmer ab. Wie oft am Tag wir auf Handy und Computer starren ob neue Informationen von der Botschaft wegen des Rückfluges da sind, ich kann es schon gar nicht mehr zählen. Nachdem die letzten Tage bevor wir hier ankamen so unsicher und hektisch waren sind wir noch immer etwas aufgewühlt und unruhig. Nicht zu schlimm, aber doch merkbar anders als "normalerweise".
Was uns sehr freut (und auch ein bisserl schmerzt) ist, dass unsere lieben Schweizerlein heute nach Hause fliegen konnten. Aber gut dass sie uns noch berichtet haben dass sie ohne Probleme, zwar mit 2 Polizeikontrollen aber alles gut, auf den Flughafen gelangt sind. Das gibt Mut für morgen. Nur dass wir jetzt niemanden mehr zum Quatschen und Teilen der ganzen Situation hier haben, das ist ein wenig langweilig. Wir haben uns vorher schon so gut verstanden, aber so eine Sache gemeinsam durchzustehen verbindet nochmal mehr. Bleibt uns nur, uns auf ein baldiges Wiedersehen zu freuen!

Inzwischen haben auch unsere lieben "Outdoorpashionisten" mit ihren süßen Kindern Buenos Aires erreicht. Nach einer ewigen Fahrt und einem wirklichen Kraftakt um hierher zu gelangen. Aber sie haben es geschafft, das freut uns riesig! Auch sie haben demnächst einen Rückflug nach Deutschland.

Soeben haben uns gute Nachrichten erreicht. Für morgen mittag ist ein Abholdienst vom Hotel zum Flughafen organisiert worden. Schon wieder müssen wir uns bei der Botschaft für ihre großartige Arbeit bedanken.

Was bleibt noch zu sagen.... eigentlich nicht viel im Moment.
Das persönliche Wiedersehen mit herzlichen Umarmungen muss noch ein wenig warten. Zuerst müssen wir uns für 14 Tage in Heimquarantäne begeben.
Was für uns nach fast 7 Monaten reisen und leben in einem VW Bus sicher kein Problem ist. Sooooo viel Platz auf einmal!!! Und noch jede Menge Fotos zum Sortieren usw. Und Zeit die ganzen Eindrücke der letzten Wochen und Monate zu verarbeiten brauchen wir sowieso auch.
Danke euch allen für eure Unterstützung in dieser Zeit, wir hören uns, sehen uns, ...
... und irgendwann umarmen wir uns wieder! Wir freuen uns auf euch!




 .....und natürlich werden wir dann auch noch die letzten Blogeinträge fertig machen, denn bevor wir gestoppt wurden haben wir noch den schönsten Pass von allen die wir bisher gesehen hatten überquert. Den über 4700 Meter hohen Paso San Francisco. Fantastico!




Samstag, 28. März 2020

64. Buenos Aires erreicht

Wie schnell sich doch alles ändern kann.
Vom Gefühl totaler Freiheit  -  zu dem Gefühl eingesperrt zu sein.
Vom Gefühl alle Zeit der Welt zu haben   -  zu dem Gefühl gehetzt zu sein und zum nächsten Ziel zu müssen.

Wie sehr sich die Menschen verändern wenn sie Angst haben.
Von nett und gastfreundlich   -    zu ängstlich, unfreundlich und fremdenfeindlich.
Der exotische Overlander  -  wird zum virusbringenden Ausländer.

Aber es gibt auch die andere Seite.
Menschen die immer für uns da sind, wie unsere Familie und Freunde.
Menschen die so ein großes Herz haben dass es einen sehr demütig macht.
Menschen die uns ohne zu zögern Schutz in ihrem Heim gaben. Und noch viel mehr.
Menschen die bis an die Grenzen ihrer Kräfte gehen um uns zu helfen.
Menschen die uns noch freundlich empfangen und anlächeln.
Und nicht zuletzt die österreichische Botschaft mit ihren Mitarbeitern die ohne Pause daran arbeitet uns Gestrandeten zu helfen.

Auch den Zusammenhalt der "Overlanderfamilie" kann man in dieser Zeit beobachten. Man weiß schließlich wie es dem anderen gerade geht.

So, was ist eigentlich der derzeitige Stand der Dinge?
Also, gestern haben wir nach zwei echt verrückten Tagen Buenos Aires erreicht. Derzeit sind wir mitten in der Stadt im Hotel Presidente untergebracht. Das Hotel ist eines der wenigen das noch geöffnet haben darf, aber nur für Touristen. Geführt wird es derzeit wie ein Krankenhausbetrieb. Handschuhe und Mundschutz, Absperrungen um den nötigen Abstand zueinander einzuhalten, Corona-Fragebogen ausfüllen etc., Passkontrolle wegen Einreisestempel, Quarantäne usw.
Es gibt einen eigenen Bereich mit Mitarbeitern des Ministeriums und der Gesundheitsbehörde, vor dem Hotel stehen zahlreiche Polizeiautos, alles und alle werden kontrolliert. Wir sind wenige Personen in einem Stockwerk, und gehören zu den Nicht-Quarantäne Gästen. Denn scheinbar gibt es auch Quarantänestockwerke. Wir haben noch ein wenig Bewegungsfreiheit im Gegensatz zu den anderen...
Fühlt sich alles sehr komisch an.

Vor zwei Tagen haben wir unseren behüteten Platz in Cordoba verlassen, gemeinsam mit zwei schweizer Freunden. Als diese abends bei uns in Cordoba ankamen hat es gerade mal 5 Minuten gedauert bis die erste Polizei kam um nachzufragen. Dann 10 Minuten später die zweite Polizei, eine Nachbarin hätte angerufen und die Ausländer gemeldet. Bei den beiden ersten Kontrollen konnte unser Gastgeber noch abwehren und beschwichtigen. Um Mitternacht dann die dritte Kontrolle, diesmal kamen sie ins Haus um uns zu überprüfen. Da wir aber Dank unserer Botschaft alle Papiere hatten und vorweisen konnten dass wir schon in Quarantäne waren gab es zum Glück keine Probleme mehr.
Mit wenig Schlaf und Bauchweh machten wir uns am nächsten Tag auf, mit dem Ziel nach Zarate zum Hafen zu gelangen. Bauchweh deshalb, weil wir wussten es würde nicht einfach werden. Die Bevölkerung ist aufgerufen Ausländer, speziell aus Europa zu melden, die Polizei führt zahlreiche Kontrollen durch, der Verkehr wird immer wieder gesperrt... und niemand, auch die Tankstellen nicht, wollen dass man bei ihnen übernachtet. Campingplätze und Hotels sind sowieso geschlossen.
Das mit der Autoverschiffung haben wir aus mehreren Gründen nicht geschafft, die Nacht haben wir doch noch bei einer Tankstelle verbringen können. Der am Vortag noch nette und lockere Polizist war in der Früh als er uns um 6.00 rausgetrommelt hat und meinte wir müssen jetzt fahren...auch nicht mehr ganz entspannt. Irgendwie haben wir es geschafft dann doch noch das Auto in einem Storage unterzubringen und mit einem Taxi, zu viert mit den Schweizern und mit all dem Gepäck, in das Hotel zu kommen. Hätte uns der Besitzer des Storage nicht so geholfen ein Taxi zu besorgen, wir hätten wahrscheinlich keines bekommen. Denn in er Zwischenzeit wurden zahlreiche Straßen gesperrt, viele Taxis hingen in den Sperren fest, und kaum ein Taxifahrer will mehr Ausländer transportieren. Einmal mehr waren wir froh dass es doch noch hilfsbereite Menschen gab.

Es gäb noch viel zu berichten was sich derzeit hier so abspielt. Und wir wissen von vielen anderen Reisenden die wir unterwegs getroffen haben dass sie große Probleme haben. Noch viele haben es nicht nach Buenos Aires geschafft, bzw. noch keine Unterkunft oder Lösung fürs Auto.
Wir sind vorerst froh im Hotel angekommen und versorgt zu sein. Jetzt heißt es warten auf den Flug nach Österreich.

Glücklicherweise sind unsere lieben beiden Schweizerlein gleich im Nachbarzimmer, so vertreiben wir uns die Zeit gemeinsam mit Plauderei. Mit Online-Videos hab ich heut schon Yoga gemacht, brav im Zimmer, jetzt kommen dann noch ein paar Spanischübungen dran. Und am Gang auf unserem Stockwerk war ich heute schon joggen. Dank der Überwachungskamera am Gang hatten sie bei der Rezeption hoffentlich was zum Lachen. Ansonsten versuchen wir die Wartezeit so gut als möglich mit schönen und positiven Dingen zu füllen. Denn Stress hatten wir genug, jetzt heißt es vorwärts schauen und vor allem, gesund bleiben!!


Was mir in dieser besonderen Situation einmal mehr bewusst geworden ist, war die Tatsache wie sehr die Angst Menschen beeinflussen und verändern kann. Wie leicht sie den Menschen klein und lenkbar macht. Deshalb hier noch ein paar Zitate zu dem Thema.

Solange du nur daran denkst, was dir zustoßen könnte, erreichst du nie dein Ziel. 
(Hans Bemmann-Stein und Flöte)

Erst wenn wir nicht mehr ängstlich sind, beginnen wir zu leben.
(Dorothy Thompson)

Alte Leute sind gefährlich. Sei haben keine Angst vor der Zukunft.
(George Bernard Shaw)

Es ist okay, Angst zu haben.
Aber geh da raus, öffne dich,
liebe, hasse, mache Fehler, lerne 
und werde mit jedem Schritt,
den du machst stärker.

Politik machen:
Den Leuten so viel Angst einjagen,
dass ihnen jede Lösung recht ist.
(Wolfram Weidner)

Die Menschen haben mehr Angst 
vor dem Unbekannten als vor dem Gefährlichen.
Darum mißtrauen sie Ausländern
und setzen sich betrunken ans Steuer.
(Peter Hohl

Die Furcht lässt das Gefürchtete
Wirklichkeit werden.
(Ingrid Bergmann)

Wunder beginnen immer dann

wenn wir unseren Träumen 

mehr Kraft geben 

als unseren Ängsten.


💕

Sonntag, 22. März 2020

63. Paso de Uspallata

Dieser Pass ist einer der meistgenutzten Grenzübergänge zwischen Argentinien und Chile. Es gibt zwei Möglichkeiten ihn zu befahren. Durch einen Tunnel, oder, was uns natürlich lieber war, über eine kurvenreiche Bergstraße. Wobei, jetzt schreib ich das so locker...ich hatte so meine Bedenken. Die Beschreibungen in Internet und Reiseführer versprachen alle eine tolle Fahrstrecke, ABER "halsbrecherische enge Kurven", "steile Abgründe"....usw. waren so die Dinge die da standen. Und es war die Prämiere für unser Auto auf diese Höhe (3832 m). Viel hatten wir vor der Reise gelesen über diverse Probleme zu denen es durch die dünne Luft kommen könne. Probleme, die der Dieselpartikelfilter in dieser Höhe verursachen konnte, abgesehen von Dieselheizung (es war heiß, also kein Thema) und Gaskocher etc... Ganz zu schweigen davon was die dünne sauerstoffarme Luft mit uns machen würde. Aber schon in Österreich hatten wir beschlossen es einfach trotzdem mit unserem Auto und der Technik die wir hatten zu probieren, ohne groß was aus- oder umbauen zu lassen.
Wie immer, schon ab den ersten Kilometern kamen wir aus dem Schauen nicht raus, das Wetter war perfekt, eine Traumsicht! Auf der Stecke gab es zusätzlich noch drei Orte die wir besichtigen wollten:
-Den Cementerio de los Andinistas
-Die Puente del Inca
-Den Aussichtspunkt zum 6961 m hohen Aconcagua
 Los geht`s!


Erster Stopp war die Punte del Inca, die Brücke des Inkas. Das ist aber nicht eine, wie der Name vielleicht vermuten lässt, von den Inkas gebaute Brücke, sondern ein durch Erosion natürlich gebildeter Felsbogen. Der Name kommt vermutlich daher, dass man glaubt die Inkas seien bis hierher vorgedrungen. Durch eine schwefelhaltige Quelle hat die Brücke ihre schöne orange Färbung bekommen. Wegen Einsturzgefahr darf sie heute aber nicht mehr betreten werden.





Der zweite Stopp war der Cementario de las Andinistas, der Friedhof der Bergsteiger die am Cerro Aconcagua umgekommen waren. Eigentlich mag ich keine Friedhöfe "besichtigen", dieser lag aber direkt an der Straße vor einer wunderschönen Bergkulisse, also blieben wir kurz stehen. Ein berührender Ort, denn die Freunde und Verwandten haben oftmals die Ausrüstung, Schuhe oder andere persönliche Gegenstände der Verunglückten auf die Gräber gelegt.

Der dritte Zwischenstopp war ein Aussichtpunkt mit Blick auf den höchsten Berg Südamerikas, den Cerro Aconcagua. Durch das schöne Wetter hatten wir freie Sicht. Trotzdem finde ich kann man die Höhe des Berges aus dieser Perspektive eigentlich nicht wirklich erfassen.


Bis hierher war alles bestens, schön langsam ging es immer höher. Fast hätten wir die Abzweigung rauf in die Höhe übersehen, denn gut sichtbare Schilder gab es nicht wirklich. Die Landschaft war farblich unheimlich schön, wieder einmal, vor allem viele warme Rottöne. Mehr will ich dazu gar nicht mehr sagen, uns fallen keine Wörter mehr ein um das zu beschreiben. Man muss es gesehen haben.















Jedenfalls kamen wir gut rauf, oben ein Zwischenstopp beim Cristos Redentor, einer Christusstatue. Dort war auch die natürliche Grenze zu Chile. Grenzposten gab es dort oben keinen, das mussten wir weiter unten bei der neuesten und modernsten Grenzstation Arg/Chiles nachholen. Die Straße war extrem kurvenreich, aber lustig zum Fahren und die Höhe war für uns beide und das Auto kein Problem! Genuss pur! Nicht weniger spektakulär war der Blick auf die chilenische Seite wo sich die Piste in engen Kurven wieder hinunterschlängelte. Was für ein Anblick!








Und jetzt wieder runter, fast schade, von mir aus hätte die Straße noch länger sein können!









Tja, und dann waren wir auch schon wieder in Chile!