Mittwoch, 4. Dezember 2019

35. Unterwegs seit 3 Monaten

Wir sind tiefenentspannt.
Es ist tatsächlich schon 3 Monate her dass wir unsere Südamerikareise begonnen haben. Die letzten Tage haben wir sehr viel reflektiert was in dieser Zeit so geschehen ist. Nach Puerto Deseado war ich emotional etwas aufgewühlt. Wahrscheinlich wegen den tollen Erlebnissen dort wie den Delfinen und der Bootstour. Dieser unglaublich schönen und herzöffnenden Natur mit den wärmenden Farben. Und natürlich den vielen besonderen Menschen die wir dort getroffen haben.



Wir sind nun in Puerto San Julian am Campingplatz und haben hier viele bekannte Gesichter getroffen. Heut sind wir alle am Abend auf einen gemütlichen Drink zusammengekommen. Frankreich, La Reunion, Schweiz, Deutschland und Österreich. Von Kindern bis Pensionisten. "Campingumtrunk". Es war ein bisserl "Christkindlmarktstimmung". Heut morgen haben wir noch im Freien und in T-Shirts gefrühstückt, jetzt abends leichter Regen und kalt! Der Glühwein hat uns noch gefehlt. Aber schön war es und sehr gemütlich. Wir haben in letzter Zeit ja leider viele Feiern versäumt von Familie und Freunden. Und so war das heute ein bisserl ein Trost, weil es sich ein bisschen nach Familie und Freunden angefühlt hat. Einige der Leute haben wir schon zum 3. oder 4. oder 5. Mal getroffen, oder noch öfter. Reisegeschichten und -erlebnisse werden erzählt, Informationen und Hinweise weitergegeben, Ideen ausgetauscht. Wie war der letzte Campingplatz, wie ist der Straßenzustand, war der Supermarkt gut ausgestattet, wieviel hat die Wäscherei gekostet, gab es Geld im Bankomaten, wieviel kaputte Reifen hattest du schon, was kocht ihr denn immer so, geht bei euch das Internet auch nicht.....
Denn das sind so unsere alltäglichen Fragen und Dinge mit denen wir uns beschäftigen. Wie schaut denn so ein Tag bei uns eigentlich aus?
Auch wir haben unseren "Alltag" und einen Tageablauf mit "Pflichten". Das was wir hier machen ist anders als ein Urlaub. Es ist zur Zeit einfach unser Leben. Aufstehen in der Früh, waschen, anziehen, Frühstück machen, abwaschen. Eigentlich wie daheim, nur immer in einem neuen Bad oder Waschhaus oder einfach im Freien. Alles fahrbereit machen, Straßenkarten studieren, Route planen, tanken. Einkaufen gehen, kochen, putzen, versuchen ohne Staubsauger das Auto sauber zu bekommen, Blog schreiben, Fotos runterladen und sortieren, lesen, und und und...... eigentlich wie daheim. Der Unterschied ist nur, dass wir hier alles nach unseren Regeln und in unserem Tempo machen. Daheim war das eher fremdgesteuert und vorgegeben durch Arbeit und Umfeld. Hier haben wir das Ruder selber in der Hand.
Dadurch dass wir im Auto auf so engem Raum leben, müssen wir uns auf die einfachsten und sehr wenigen Dinge beschränken. Shoppen gehen fällt sowieso weg, denn für neues Zeugs ist kein Platz. Die Dinge die man hat werden viel häufiger und intensiver verwendet als zu Hause. Dadurch haben sie aber auch einen ganz andernen Wert. Aber erstaunlicherweise erleichtert und vereinfacht das so vieles. Das einfache Leben auf so wenig Raum und mit so wenig Platz fühlt sich viel freier und weiter an als zu Hause wo wir alles im Überfluss haben. Und wir könnten locker noch mit viel weniger auskommen, haben noch immer zu viel Ballast mit.
Holz für's Feuer wird gesammelt, nicht gekauft. Schnüre oder Draht zum "Packerl" machen" und tragen vom Holz findet man am Strand (leider), aber so wird es wiederverwendet. Weihnachtsschmuck und Deko werden aus Steinen, Muscheln und Holz gebastelt die man so findet. Alles sehr "Basic", aber unglaublich entspannt.
Was wir noch nicht gewohnt sind, sind die späten Essenszeiten der Argentinier. Geht man Abendessen bekommt man vor 20.00 kaum etwas. Letztens im Lokal waren wir die ersten Gäste um 20.30 Uhr, als wir um ca. Mitternacht gegangen sind wurden noch die Teller mit riesigen Hauptspeisen an die Tische der Einheimischen getragen.
Die Kochideen gehen uns schön langsam aus! Nur mit Gaskochern (ab und zu Grillen), wenig Platz und wenig Gewürzen ist es nicht einfach kreativ zu sein. Kräuer fehlen oft, gesund soll's doch auch mal sein.... und Internet zum Kochrezepte schmöckern gibt's auch selten. Da geht es den anderen Reisenden gleich wie ich so erfragt habe. Und ja genau! Ich habe Guanaco-Wienerschnitzel gegessen! Milanesa, also Wienerschnitzel, gibt es hier fast in jedem Lokal. Und hier gab es eines mit Guanacofleisch. Ich muss sagen, leider für das arme Guanaco, sehr lecker! Jetzt wo ich das so schreibe fällt mir ein dass das Schießen von Guanacos eigentlich verboten ist?! Nicht dass das sie Einheimischen daran hindern würde hin und wieder doch mal mit der Schrotflinte auszurücken. Aber ob man das jetzt im Handel kaufen kann weiß ich auch nicht. Wahrscheinlich schon.....
Einkaufen ist auch zeitlich zum Einteilen, denn die meisten Geschäfte haben von ca. 13.00 - 16.00 Uhr geschlossen. Oder es ist sowieso zu weil wieder Feiertag ist.....
Unser Tempo beim Reisen hat sich auch deutlich verändert. Anfangs sind wir nie lange an einem Ort geblieben, inzwischen bleiben wir teilweise eine Woche oder länger wenn es uns wo gefällt.
Schön ist dass wir schon so viele liebe andere Reisende kennengelernt haben und mit einigen immer ein wenig in Kontakt bleiben. Hoffentlich auch über die Reise hinaus, denn da sind ein paar wirklich sehr herzliche Menschen dabei die wir gerne wiedersehen würden.
Sport machen wir wenig, erstaunlicherweise schafft Raimund das hier, daheim wär er wahrscheinlich nicht zum Aushalten wenn er sich so wenig bewegen würd. Obwohl schon immer mal wieder tolle Radtouren dabei waren. Oder vielleicht liegt es auch an den fast täglichen Süßigkeiten vom Bäcker dass er so zufrieden ist?
Und die Haare! Mangels Zeit, Lust und Laune zum Haarefärben werden meine weißen Haare immer mehr sichtbar... und Raimunds Lockerl wachsen auch nur so dahin. Und irgendwie hat es uns noch nicht gefreut zum Friseur zu gehen. Weil wer weiß was da rauskommt wenn wir denen im besten Spanisch erklären was sie machen sollen?
Die Wäsche wird jetzt kaum mehr selber gewaschen, das landet alles in der Lavanderia. War ich anfangs noch vorsichtig mit einzelnen "Lieblingsteilen", oder war das Gefühl z. B. meine Unterwäsche von Fremden waschen zu lassen noch komisch, ist das jetzt schon kein Thema mehr und ganz normal.
Ich konnte es mir nicht vorstellen, aber man stumpft sogar bei den Duschen und den Toiletten ab. Betti, du hattest recht, irgendwann sieht man das nicht mehr. Man freut sich einfach wenn warmes Wasser da ist, Luxus!! Wenn es mehr als eine Toilette gibt auf die alle gehen und dann auch noch die Spülung funktioniert, super!! Wenn es Internet gibt, erstklassig!! Oder sogar warmes Wasser zum Abwaschen da ist, 1A Camping!! Der Camping vor diesem hier war noch lustig, da gab es statt Klotüren nur Duschvorhänge. Und auch das nicht bei jeder Toilette....
Ich weiß nicht wie das klingt für euch zu Hause wenn ihr das lest, es ist nicht negativ gemeint. Ich verzichte auf das tollste Luxusbad oder Häuschen wenn ich dafür hier reisen darf. Wir haben schon einige Reisende getroffen die ihr Haus oder die Wohnung verkauft haben, nur um reisen zu können. Heute hat uns ein anderer Camper erzählt er hätte vor kurzem  von einer Statistik gehört was das Reisen betrifft. Von 1000 Personen die eine "Weltreise" machen wollen fangen ca. 100 an zu planen. Und nur einer davon macht es dann tatsächlich. Wahrscheinlich gilt diese Theorie nicht nur für's Reisen, sondern lässt sich auf viele Träume oder Wünsche anwenden.
Wieder einmal hatte ich Gänsehaut und bin dankbar hier sein zu dürfen. Und das zu zweit! 💕



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